Hungener Drehleiter: 50.000 EUR am Bedarf vorbei geplant
Angesichts des drohenden Wegfalls von Einnahmen wird es unerlässlich sein, auch auf der Ausgabenseite im Hungener Haushalt nach Ausgleichsmöglichkeiten zu schauen, um weitere Steuererhöhungen zu vermeiden. In diesem Zusammenhang wünscht sich Pro Hungen auch eine kritische und transparente Betrachtung bereits geplanter Ausgaben, beispielsweise die Beschaffung einer gebrauchten Drehleiter in Höhe von 50.000 EUR.
Als die bisherige Drehleiter der Hungener Feuerwehr im Jahre 2000 gebraucht für umgerechnet 159.000 EUR gekauft wurde, verweigerte das Land Hessen bereits eine finanzielle Unterstützung mit Verweis auf die mit Landesmitteln geförderte Drehleiter im benachbarten Lich. Dieser Logik schloss sich das 2010 auf der Zukunftskonferenz von den Feuerwehrleitern im Kreis Gießen entwickelte interkommunale Fahrzeugkonzept an, welches 2013 formal von allen Bürgermeistern unterzeichnet wurde. Dadurch sollten Kosten reduziert und durch eine bessere Lastenverteilung mehr Gerechtigkeit für die Bürger im Landkreis geschaffen werden. Seither gibt es gemeinschaftlich genutzte Drehleitern in Lich, Grünberg, Pohlheim, Gießen, Buseck und Heuchelheim, wobei diese sechs Standorte einvernehmlich in der Bürgermeisterdienstversammlung aller 18 Städte und Gemeinden festgelegt worden sind.
Gemäß Vertrag hat die Stadt Hungen im Jahre 2018 für die Drehleiter mit Standort Buseck einen Anteil von 26.799,12 EUR und für die Drehleiter in Pohlheim weitere 24.764,37 EUR gezahlt. In den nächsten sechs Jahren ist für die Ersatzbeschaffungen der Drehleitern in Grünberg, Lich und Heuchelheim ein Anteil der Stadt Hungen von ca. 75.000 EUR einkalkuliert.
Im Bedarfs- und Entwicklungsplan für den Brandschutz und die allgemeine Hilfe wurde im Jahr 2015 von der Stadtverordnetenversammlung beschlossen, dass eine Drehleiter in Hungen nicht erforderlich ist, da die Drehleitern aus Grünberg, Lich und Nidda jeden Hungener Ortsteil binnen 10-20 Minuten erreichen können. Ironischerweise war es laut Fahrtenbuch dann auch der Bauhof, der die Hungener Drehleiter am häufigsten nutze - etwa um die Weihnachtsdekoration aufzuhängen, wie Wehrführer Christian Seibert berichtete.
Trotzdem wurde in Hungen an der eigenen Drehleiter festgehalten, die bereits in den Jahren 2010-2013 Reparatur- und Instandhaltungskosten von 37.000 EUR verursacht hat. Neben den jährlichen Unterhaltungskosten von ca. 1.600 EUR waren für 2020-2021 weitere Instandhaltungskosten von 22.000 EUR eingeplant. So weit kam es allerdings nicht, denn der Hungener „Feuerwehr-Oldtimer“ fiel bereits 2019 durch die technische Prüfung und durfte fortan nicht mehr eingesetzt werden.
Spätestens jetzt wäre es also an der Zeit gewesen, die gemäß Bedarfsplan „unnötige“ Drehleiter endgültig in den Ruhestand zu versetzen. Stattdessen soll nun erneut eine gebrauchte Drehleiter angeschafft werden, die hohe Unterhaltungs- und Reparaturkosten verursachen dürfte.
Wenn Hungen aus Gründen der Sicherheit - an der zweifelsohne kein Rotstift angesetzt werden darf - eine eigene Drehleiter benötigt: Wieso wurde dies nicht umgehend im Bedarfs- und Entwicklungsplan für den Brandschutz festgelegt und Hungen im Rahmen der Bürgermeisterdienstversammlung mit Nachdruck als Standort einer gemeinschaftlich erworbenen Drehleiter durchgesetzt? Stattdessen verlässt Hungen einseitig den Weg der interkommunalen Zusammenarbeit, führt die positiven Effekte des Fahrzeugkonzepts der Kreisfeuerwehren ad absurdum und lässt die Hungener Steuerzahler doppelt und dreifach für die Drehleitern im Kreis Gießen bezahlen.