Pro Hungen befürchtet Steuererhöhung durch die Hintertür
Bevor Hungen im letzten Jahr die größten Steuererhöhungen im Kreis Gießen sowohl bei der Grundsteuer B wie auch der Gewerbesteuer beschlossen hat, waren sich die Stadtverordneten einig darüber, dass diese Anhebung zeitlich befristet nur für 12 Monate gelten sollte. Demnach müsste Ausgangspunkt für die neue Haushaltsplanung 2021 der Hebesatz von je 400 % bei Gewerbesteuer und Grundsteuer B sein, der bis zum Jahre 2019 gegolten hat.
Denn ursächlich für die befristete Steuererhöhung im Jahre 2020 waren geringere KfA Schlüsselzuweisungen aufgrund einmalig hoher Gewerbesteuereinnahmen aus dem Jahre 2019, die sich – auch ohne Corona-Pandemie – so nicht wiederholt hätten. Die zu erwartenden Einbußen durch Corona von ca. 1 Million EUR wurden zudem vom Land Hessen als pauschale Ausgleichszahlung in Höhe von ca. 3,39 Millionen EUR sehr großzügig kompensiert, so dass sich im Hungener Rathaus – anders als bei vielen privaten Haushalten in Hungen – bisher niemand um Einsparmöglichkeiten Gedanken machen musste und wider Erwarten auch keinerlei Haushaltssperre verhängt wurde. Umso spannender wird daher sein, wie sich die Hungener Stadtverordneten nun positionieren. Denn im kürzlich von Bürgermeister Wengorsch eingebrachten Haushaltsentwurf für 2021 sind offensichtlich die Steuererhöhungen erneut eingearbeitet worden – anders lässt sich die „erwartete“ Grundsteuer B in Höhe von 1,8 Millionen EUR nicht erklären, die rund 180.000 EUR höher liegt als noch 2019 bei 400 % Hebesatz.
Pro Hungen kritisiert die Abkehr des Beschlusses zur Befristung der Steuererhöhungen und sieht es als Priorität für 2021 an, Existenzen in Hungen zu sichern. Seien es die Gewerbetreibenden, die durch den Lockdown und seine Spätfolgen bereits massive Umsatzeinbußen zu verzeichnen haben oder auch Arbeitnehmer, die aufgrund von Kurzarbeit, Jobverlust oder Freistellung zur Kinderbetreuung bereits Lohnkürzungen hinnehmen mussten und nun durch eine Erhöhung der Grundsteuer, ob im Eigenheim oder der Mietwohnung, doppelt belastet werden. Familien mit Kleinkindern würden aufgrund der angekündigten Erhöhung der Betreuungskosten um ca. 5 % dann sogar dreifach belastet.
Zur Vermeidung einer erneuten Steuererhöhung könnte in Hungen auf einige „Nice-tohave“-Projekte verzichtet oder diese zumindest verschoben werden, von denen es reichlich gibt. Bei anhaltender Pandemie und Einschränkungen öffentlicher Veranstaltungen wird es schwer zu vermitteln sein, wieso die Stadt Hungen mit oberster Priorität auf die Restaurierung des Darmstädter Hofs als zusätzliche Stätte für Großveranstaltungen hinwirkt und bereits im nächsten Jahr 150.000 EUR Steuergeld in dieses private Bauprojekt investieren will, obwohl in absehbarer Zeit ohnehin keine Verwendungsmöglichkeit gegeben ist. Das Förderprogramm zur Kernstadtsanierung läuft noch 10 Jahre, so dass für dieses Projekt keinerlei Eile geboten scheint und eine Umsetzung auch noch „nach Corona“ möglich wäre. Bis dahin hätte das HinterHofTheater als geplanter Ankermieter auch mehr Zeit, um ein tragfähiges Nutzungs- und Finanzierungskonzept auf die Beine zu stellen und das Objekt in Eigenregie ohne städtischen Zuschüsse zu bewirtschaften. Auch wären Validierungen neuer Parkkonzepte möglich, welche den Anwohnern in Aussicht gestellt wurden.
Pro Hungen fordert die Stadtverordneten und den Magistrat auf, die geplanten Ausgaben für 2021 kritisch zu hinterfragen und zu priorisieren, um eine erneute Steueranhebung und zusätzliche Belastung für die Hungener Bürgerinnen und Bürger zu vermeiden.